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1. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 7

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
Iii. Das kaiserliche Rom. 7 staate, ein genaues „byzantinisches" Hofzeremoniell wurde eingeführt, und vor der geheiligten Majestät kroch der Untertan im Staube. Infolge des stärkeren Andrängens der Germanen mußte im Jahre 395 das Weltreich dauernd in zwei Hälften auseinandergelegt werden. Ein einziger Herrscher war der Aufgabe, die Zersetzung des Riesenreiches aufzuhalten, nicht mehr gewachsen. Rom hörte damit auf, die Hauptstadt des Reiches zu sein. Das weströmische Reich fiel 476 den Germanen zum Opfer. Das oströmische Reich mit der Hauptstadt Byzanz (feit Konstantin, der es zur Residenz erhob, Konstantinopel genannt) bestand noch fast ein Jahrtausend. Erst 1453 wurde es die Beute der Türken. Iii. Das kaiserliche Nom. Das kaiserliche Rom, seit Jahrhunderten der Sammel- und Knotenpunkt von Einflüssen aller Völker und Himmelsstriche, vereinigte in sich alles, was die alte Welt des Ostens und Westens an Zivilisation wie an Fäulnis aufzuweisen hatte. Eng und winklig wie in Pompeji mochten auch die meisten Straßen der Kaiserstadt sein; das machte schon der südliche Sonnenbrand notwendig. Auch darf man nicht an schöne Straßen mit prächtigen Häuserreihen denken, da die Wohnhäuser des Altertums keine Stirnseite („Fassade") hatten, sondern der Straße abgekehrt lagen. Dagegen wogte das Leben auf den großen öffentlichen Plätzen, besonders auf dem Forum. Es war ursprünglich die Marktstätte, der Schauplatz politischer Versammlungen und der Prozeßverhandlungen. Indes dienten diesem Zwecke zur Kaiserzeit geschlossene Markt- und Gerichtshallen (Basiliken), und das Forum wurde ein prachtvoller, großstädtischer Schmuckplatz. Neben den Hallen erhoben sich Tempel, Triumphbogen und Ehrensäulen aller Art für verdiente Kaiser und Bürger. Seitdem die Religionen der besiegten Völker, besonders der östlichen, in Rom ihren Einzug gehalten hatten, mehrte sich auch die Anzahl der Tempel und Altäre. Da die Tempel keine Versammlungsstätten der Frommen, sondern, wie bei den Griechen, die Wohnungen der Götterbilder waren, so zeigten sie verhältnismäßig geringe Maße; der Gottesdienst fand vor den Tempeln an den im Freien liegenden Altären statt. So erfreuen uns die zahlreichen Heiligtümer mit ihren Giebeln und Säulenreihen nicht durch ihre Größe, sondern durch die Schönheit und Reinheit ihres Baustils. Auch die Theater entsprachen im wesentlichen dem griechischen Vorbilde. Beliebter noch als sie waren in Rom, wie überhaupt im Westen des Reiches, die in der Ebene liegenden Amphitheater (d. H. Doppeltheater) für Gladia-

2. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 10

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
10 Iv. Christentum und Kirche im römischen Reiche. der kaiserlichen Eheprämien nahm die Zahl der Eheschließungen immer mehr ab. — So war im kaiserlichen Rom mit höchster Zivilisation tiefste Verderbnis verbunden. Iv. Christentum und Kirche im römischen Reiche. Bei den Völkern des Altertums war die Religion eine politische Angelegenheit; wer Bürger eines Staates war, mußte auch gegen dessen Götter die staatlich festgesetzten Pflichten erfüllen; wer die Staatsgötter antastete, wurde vom Gericht bestraft. So mußte Sokrates den Giftbecher leeren, weil er angeblich neue Götter einführen wollte. Zum Entgelt für den angeordneten Dienst waren die Götter die Helfer und Schützer des Vaterlandes. Zn den letzten vorchristlichen Jahrhunderten aber fielen die Schranken, welche die einzelnen Rationen voneinander trennten. Das Reich Alexanders d. Gr. vereinigte Griechen und Barbaren; die griechische Kultur breitete sich über den ganzen Orient aus, nahm aber mancherlei von den Errungenschaften der alten Kulturvölker des Ostens, der Babylonier und Ägypter, in sich auf. So sind im Zeitalter des Hellenismus die Völker des Morgenlandes einander näher gekommen, und wie in dem Bereiche des Handels, so entwickelte sich auch auf geistigem und religiösem Gebiet ein lebhafter Austausch. Man nahm die fremden Götter bereitwillig auf und stellte sie neben die eigenen, denn man traute auch ihnen Macht zu und wollte sie nicht verletzen. „Allzu gottesfürchtig" nannte Paulus die Athener, als er sah, daß sie, um ja keinen der himmlischen zu vernachlässigen, sogar dem „unbekannten Gotte" einen Altar gebaut hatten. Ein einheitliches religiöses Band aber für alle Glieder der einzelnen Reiche bildete die göttliche Verehrung des Herrschers, die schon von Alexander gefordert wurde, nachdem ihn die Priester des Zeus Ammon als „Sohn des Gottes" begrüßt hatten. Noch bunter wurde diese Mischung, als Rom das ganze Mittelmeergebiet unter seiner Herrschaft vereinigt und die Bewohner der weiten neuerworbenen Länder in die Wirren der Bürgerkriege hineingezogen hatte. Da erschien die Herrschaft des Augustus als Erlösung aus den Schrecken der Revolutionen; als „Friedensbringer" und „Heiland" begrüßte man ihn. Er selbst erhob zwar noch keinen Anspruch auf göttliche Verehrung; dagegen wurde der verstorbene Cäsar unter die Zahl der Götter aufgenommen. Der Kultus des lebenden Herrschers drang erst mit der größeren Befestigung der Kaisermacht gegen Ende des ersten Jahrhunderts durch. Damit war ein neues Einheitsband für das weite Reich geschaffen, eine Staatsreligion, deren Übung Bürgerpflicht war.

3. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 32

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
32 Iii. Die Völkerwanderung. Werke hellenischer Kunst. Auch dieser Gotensturm konnte nur durch Ansiedlung auf römischem Boden beschwichtigt werden. Diese „friedliche Germanisierung" der Grenzlande nahm im dritten und vierten Jahrhundert auf der gesamten Grenzlinie gewaltig zu. Lunderttausenden „blonder Barbaren" war damit der Schutz des morschen Weltreiches anvertraut, und sein Bestand schien neu gesichert. Da erfolgte 375 der Einbruch der nomadischen Hunnen nach Europa. Damit begann die große Wanderwelle, vor der das Weltreich schließlich zusammenbrach. Der ungewohnten Kampfesweise der hunnischen Reiter-schwärme erlagen nacheinander die germanischen Stämme der Alanen, der Ost- und Westgoten, die sie in ihren Weideniederungen aufscheuchten und vor sich Hertrieben. Schutz und Land begehrend, erschienen Westgotenscharen an der römischen Reichsgrenze, im heutigen Rumänien und Bulgarien. Den römischen Grundherren blieb nichts anderes übrig, als die Fremden, auch nachdrängende Ostgotenhaufen, bei sich anzusiedeln und ihnen einen Teil ihrer Felder und Gehöfte zu überlassen. Allein die römischen Beamten behandelten die ungebetenen Kolonisten hart und unehrlich. Da erhoben sich die gereizten Westgoten und durchzogen plündernd die Balkanhalbinsel; ein Äeer unter dem Kaiser Valens vernichteten sie in der Nähe des heutigen Adrianopel; der Kaiser selbst fiel. Nur durch bedingungslose Gewährung ihrer Forderungen gelang es schließlich, die Gefahr zu überwinden. Durch ein kaiserliches Einquartierungsgesetz wurde den Westgoten das fruchtbare Thracien überlassen; für den Kriegsdienst an der Grenze erzwangen sie einen Iahressold: so merklich ließ das Weltreich die Kraft der Abwehr vermissen. And die 395 erfolgte Teilung ineineost- und West Hälfte, wodurch die Verwaltung und Verteidigung erleichtert werden sollte, während Rom in der Idee ein Einheitsreich blieb, verschärfte die Krisis des tönernen Kolosses nur noch mehr. Gegenseitige Mißgunst entfremdete schnell die beiden Reichsteile. Der byzantinische Staat nahm völlig die Formen des Orients an, und durch die Erhebung des Griechischen zur Amtssprache wurde die Verbindung mit dem Westen noch mehr gelockert. Statt mit vereinten Kräften den Barbaren entgegenzutreten, blickte jeder Teil mit Schadenfreude auf die Not des andern. So reizte der oströmische Kaiser die ihm unbequemen, unruhigen Westgoten selber zum Einfall in Italien auf. Unter ihrem feurigen Könige, dem jungen Amalungen-fproß Alari ch, gingen sie um 400 über den Po. In dieser Not gab der tapfere weströmische Staatsmann Stilicho, ein Vandale, die Provinzen Britannien, Gallien und Spanien preis und zog die dort stehenden Legionen zum Schutz Italiens zurück. Damit rettete er

4. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 18

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
Die Germanen. Eiisars Denkwürdigkeiten über den „Gallischen Krieg" und Tacitus' „Annalen" sowie insbesondere seiner „Germania" entnehmen wir die ältesten Nachrichten über unsere Vorfahren. In dem „goldenen Büchlein" der „Germania" malt der Römer seinen verweichlichten und lasterhaften Landsleuten im Stile Rousseauscher Naturbegeisterung das Bild eines trotz einzelner Schattenseiten kerngesunden Naturvolkes. Ahnungsvoll sieht er in den „blonden Barbaren" die einstigen Zertrümmerer des Weltreiches. Sie waren es, die eine neue Zeit heraufführen sollten. I. Germanische Art und Sitte. Die ummauerten Städte der Römer kamen unsern Vorfahren wie Gefängnisse für Knechte vor. Sie wohnten auf bäuerlichen Lof-statten, die abgesondert für sich lagen, da sie der Germane nach Belieben anlegte, „wo gerade ein stiller Lain, eine frischsprudelnde Quelle oder ein fruchtbares Grundstück dazu einlud". Inmitten der gartenähnlichen Äofwehr (5)ofrette), die durch starke Planken umfriedigt war, stand die niedrige, oft buntbemalte, schilf- oder strohgedeckte Lütte, die gleich den seitwärts liegenden Gesinde- und Wirtschafte räumen aus rohen Baumstämmen vom Lausherrn selbst notdürftig gezimmert und aufs einfachste eingerichtet war. Noch im ersten Jahrhundert n. Chr. war der Germane in erster Linie Jäger und Viehzüchter. Lerden bildeten seinen Laupt-besitz, und der Ackerbau stand noch auf der untersten Stufe. Die Flur gehörte der „Sippe"; jährlich wurde ein Teil durch das Los als Pflugland an die Flurgenossen verteilt; und mit der Ackerflur wanderten auch die leichtbeweglichen Lütten. Erst mit der zunehmenden Anzahl der Gewanne und mit dem Aufkommen des Privatbesitzes wurden auch die Niederlassungen fester und gestalteten sich zu stattlichen Lerrenhöfen. Die gesamte wirtschaftliche Arbeit in Laus und Feld war den Frauen und Anfreien aufgebürdet. Aber trotz ihrer niedrigen sozialen Stellung, die auch der Brautkauf und die lebenslängliche Unmündigkeit bezeugen, war die Frau hochgeachtet. Der Germane kannte keine Vielweiberei, und heilig galt ihm die eheliche Treue.

5. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 22

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
22 I. Germanische Art und Sitte. „Ding" mitzuraten. Nicht einmal Ehegemeinschaft verband ihn mit dem Stande der Freien. Von den Gemeinfreien hoben sich wieder die Edelinge ab. Sie genossen aber keine politischen Vorrechte; nur durch größeren Besitz und höheres, auf Waffentaten gegründetes Ansehen zeichneten sie sich aus. Gern führten sie ihr Geschlecht auf einen göttlichen Stammvater zurück. Den Familien der Edelinge entstammten die Lerzöge, Häuptlinge und besonders die „Könige", die aber nur für die Dauer eines Kriegszuges gewählt wurden. Berühmten Häuptlingen unterstellten sich gern Scharen von Jünglingen als dauerndes Gefolge, besonders die jüngeren Söhne der Freien, die vom väterlichen Erbe ausgeschlossen waren. Sie waren in Krieg und Frieden um ihren Gefolgsherrn und durch das gegenseitige Gelübde der Treue bis zum Tode mit ihm verbunden. Ehrlos war für Lebenszeit, wer den Tod des Äerrn in der Schlacht überlebte. Auch in der Religion bekundet sich der germanische Volkscharakter. Die Götter teilen die Vorliebe der Germanen für Jagd und Krieg, für Berge und Wald, Lame und Quellenrauschen. Freilich liegen nur über die religiösen Vorstellungen und Bräuche der nordgermanischen Völker reichere Nachrichten in den altisländischen Sagas, den Eddaliedern und der „jüngeren" Edda vor; von den Ost-und Westgermanen wissen wir in dieser Beziehung fast nichts, da Tacitus darüber sehr schlecht unterrichtet ist und spätere Geschichtsschreiber nur einzelne wertvolle Mitteilungen enthalten. Allerdings scheinen ja die religiösen Vorstellungen aller Germanen ursprünglich die gleichen gewesen, also aus gemeinsamer Grundlage erwachsen zu sein. Auch der Germane sah sich Schritt für Schritt von einer Fülle niederer göttlicher Wesen umgeben; es sind die Elfen (Alfen, Alben, Elben), die Wasser- und Lausgeister. Im Erdinnern Hausen die Schwarzelfen, die mißgestalteten Zwerge, die der Zauber der Tarnkappe und des Gürtels mit allerhand Kräften und Künsten ausstattet. Sie fertigen funkelnde Waffen, wie das Schwert Balmung, und kunstreichen Schmuck. Im Dienste verschiedener Zwergkönige (Alberich, Gibich, Laurin) bewachen sie das verderbliche „rote Gold". Ihre lichten Geschwister, die Luftelfen, erfüllen den Luftraum; in mondhellen Nächten tanzen sie auf nebelumflorter Wiese. Täuschende Ähnlichkeit mit dem Menschen zeigen die goldhaarigen, listigen Wasserelfen (Nixen, Mummeln), die in die Tiefe ziehen, wer sich von ihnen betören läßt. Im Namen so manches deutschen Flusses oder Sees lebt die Erinnerung an sie fort. — Bald gutmütig, bald tückisch zeigt sich das Leer der Hausgeister, die als Heinzelmännchen, Kobolde, Katermann nachts in die Wohnungen der Menschen eindringen.

6. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 25

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
Ii. Germanen und Römer. 25 Midgardschlange setzt durch die Glut ihres Geifers alles in Brand. Voll grimmigen Lasses stürmen die Riesen die Limmelsbrücke hinan; in wildem Kampfe erliegen die Äsen. Die Welt bricht in Feuerlohe zusammen. Das ist die „Götterdämmerung"! — Nur Allvater bleibt übrig, der aus den Trümmern neue Götter, neue Menschen und eine neue, schönere Erde schaffen wird. Der Glaube hat sich erfüllt. Aber nicht dem Feuer erlag die altgermanische Götterwelt, sondern dem Christentum, das die Götter und Göttinnen zu Teufeln und Anholden erniedrigte und alles brandmarkte oder verbot, was irgendwie mit ihnen in Verbindung gestanden hatte. Ii. Germanen und Römer. Ein Jahrhundert vor Christi Geburt traten zum ersten Male germanische Stämme in das Licht der Geschichte. Zunehmende Volksdichte, wachsender Äerdenreichtum, unzureichende Weideplätze und andere Gründe trieben die Kimbern und Teutonen von der jütischen Küste fort. Die Trennung von der Äeimat fiel auf der Stufe der Graswirtschaft nicht schwer, und der Wandertrieb lag den Germanen im Blute. Die Züge der Kimbern und Teutonen waren Ausläufer einer großen germanischen Völkerbewegung, die, wenn auch geschichtlich nicht genauer bekannt, in den letzten Jahrhunderten vor Christus stattgefunden haben muß. Die ursprüngliche Äeimat der Germanen lag nach einer verbreiteten Anschauung in der südrussischen Steppe; an den Strömen entlang zogen sie nordwärts bis zur Ostsee. Dort teilte sich die Welle; während ein Strom, der nordgermanische, über die Jütische Halbinsel und die dänischen Inseln bis zu den Fjorden Norwegens und nach Island zog, wo er seine Eigenart ungestört festzuhalten und auszubilden vermochte, breiteten sich andere Gruppen diesseits der Ostsee in der norddeutschen Tiefebene aus; das waren die Ost- und die Westgermanen. Durch die germanische Einwanderung wurden die Kelten, die bisher im heutigen Deutschland gesessen hatten, west-und südwärts gedrängt, nach Gallien und Italien, und das emporstrebende Latium verspürte die Stöße der Bewegung; versprengte Keltenscharen wurden sogar bis nach Kleinasien gedrängt, wo die Landschaft Galatien den Namen des Volkes bewahrt hat. Von den Kelten haben die germanischen Einwanderer offenbar vieles entlehnt: Geräte, Namen; sogar die Bezeichnung Germanen scheint keltischer Herkunft zu sein1)* x) Unsere Kunde über Deutschlands älteste Bewohner reicht ober noch über die Kelten hinaus bis zu jenem Volke, das wir nur aus vor-

7. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 29

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
Ii. Germanen und Römer. 29 Trotz zahlreicher Kämpfe war also weder den Germanen die Gewinnung Galliens noch den Römern die Unterwerfung Germaniens gelungen. Rhein und Donau blieben für die ersten Jahrhunderte die Grenzen, und auf die Zeiten der Kämpfe folgte ein Zeitalter fruchtbarer Verkehrsbeziehungen zwischen den einstigen Gegnern. Immer zahlreicher traten germanische Jünglinge in römische Kriegsdienste; germanische Häuptlinge mit ihren Gefolgschaften wurden insbesondere gern in die kaiserliche Leibgarde aufgenommen; denn man kannte ihre Tapferkeit und Treue.—And wie anziehend mußte die römische Kultur auf die Natursöhne wirken! Zwar lebte die große Masse des römischen Volkes in Stadt und Land in überaus gedrückter Lage, aber um so unwiderstehlicher zog das Glänzende des Kaiserreiches den Sohn der nordischen Wälder an: die prächtigen Bauten, die schönen und zweckmäßigen Geräte, die Vergnügungen und Genüsse des Lebens. So kehrten zahlreiche Germanen der Leimat dauernd den Rücken und siedelten sich im römischen Reiche an. Andere aber kamen wieder heim und brachten die fremden Sitten und Einrichtungen mit. An die Stelle der Lolzhütte trat nun hier und da das steinerne Laus mit dicken Mauern (murus), mehreren Kammern (camera), Fenstern (fenestra) und Türen (porta, Pforte). Die Lolzschindel und das Strohdach wurden vielfach durch die Ziegel (tegula) verdrängt. In den Gärten gediehen bald aus Italien und Gallien stammende Fruchtsorten, wie Äpfel, Birnen, Pfirsiche (persicum), Kirschen (cerasus) und Pflaumen Dazu wohlschmeckende Gemüsearten, wie Kohl und Spargel. Südliche Reben schmückten Lügel und Flußufer, und zahlreiche Winzer (vinator) kelterten ihre Trauben. Bald kamen von Süden und Westen her die römischen Ländler. Einzeln und in Karawanen drangen sie auf den schmalen Waldwegen in das Innere Germaniens und brachten Tauschwaren mit: römische Münzen mit den Bildnissen der Kaiser, Waffen, Geräte für Feld und Garten und manches Schmuckstück für die germanischen Frauen: Armbänder, Ketten, Spangen und Spiegel. Dafür tauschte man Lörner und Läute der Tiere des Waldes, Gänsefedern, Mohrrüben und anderes ein. Mit den Gegenständen drangen auch die fremden Bezeichnungen ein und leben noch heute als „Lehnwörter" fort. Nicht mit der gleichen Bequemlichkeit konnte der Germane römisches Gebiet betreten. Daran hinderte seit dem Ende des ersten Jahrhunderts der limes („Grenzwall"), auch Ladrianswall genannt, weil Kaiser Ladrian ihn vollendete. Das war eine von Regensburg bis Koblenz reichende, gegen sechzig Meilen lange Befestigung, die von der Donau bis in die Gegend von Schwäbisch-Gmünd aus einer zweieinhalb Meter hohen Bruchsteinmauer und

8. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 35

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
Iii. Die Völkerwanderung. 35 Mächte zu vereinigen, der gewissermaßen an die Stelle des weströmischen Reiches treten sollte. Daher stellte er sich auch dem Vordringen des Frankenkönigs Chlodwig entgegen, als dieser Burgunder wie Westgoten allzusehr zu schwächen drohte. In der inneren Politik suchte Theoderich die Kluft zwischen seinen neuen romanischen Untertanen und seinen germanischen Kriegern zu überbrücken. Die Goten standen an Zahl natürlich weit hinter den Römern zurück. Wie ein einquartiertes Kriegsheer waren sie über das Land verteilt. Ihre Ansiedlung vollzog sich nach den Bestimmungen des römischen Einquartierungsrechts, so daß der germanische Krieger ein Drittel der liegenden Äabe von seinem grundbesitzenden römischen Quartiergeber forderte. Daneben standen dem Könige weite, in den unruhigen Zeiten herrenlos gewordene Gebiete zur Verfügung, die er unter seine Getreuen verteilte. So lebten in dem Ostgotenreiche wie in den andern neuen Staatenbildungen die Germanen weithin unter den ihnen an Kultur überlegenen Romanen zerstreut, ein ilm--stand, der der Bewahrung ihres Volkstums nicht günstig sein konnte. Eine völlige Verschmelzung der Eindringlinge mit der alteingesessenen Bevölkerung, wie sie in Theoderichs Plane lag, hinderte jedoch zunächst der religiöse Gegensatz; denn die Germanen hatten schon auf der Balkanhalbinsel das arianische Bekenntnis angenommen, dem Alfilas anhing, während die Romanen sich zur katholischen Kirche bekannten. Die Romanen standen daher den germanischen Ketzern und Barbaren überall mit Mißtrauen und Verachtung gegenüber. Daran scheiterte Theoderichs Versöhnungspolitik. Zur Einrichtung eines festbegründeten und sicheren Staatswesens konnte es somit nicht kommen. Die Katholiken suchten den neuen Machthabern gegenüber einen Rückhalt am off-römischen Reiche, denn der byzantinische Kaiser galt ihnen als der Äort des rechten („orthodoxen") Glaubens. Zwar erfreute sich Italien in der Zeit des äußeren Friedens, den Theoderich schirmte, einer kurzen Nachblüte der antiken Kultur; römische Gelehrte, wie Boethius, wirkten am Lose des Königs, der Ravenna mit prächtigen Bauten schmückte; Landel und Gewerbe nahmen infolge seiner Fürsorge einen neuen Aufschwung. Aber die steigende Wohlfahrt vermochte die Römer ebenso wenig zu gewinnen wie die Milde des Königs gegenüber den Romanen und die weitgehende Duldsamkeit gegenüber den Katholiken. Als daher bald nach dem Tode Theoderichs der Kaiser Iustinian seinen Feldherrn Belisar und späterhin Narses nach Italien entsandte, um das römische Reich in seiner alten Ausdehnung wiederherzustellen, da fanden die oströmischen Truppen bereitwillige Unterstützung bei den Romanen, die die Fremd-

9. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 36

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
36 ill. Die Völkerwanderung. Herrschaft abzuschütteln trachteten. Indessen war lange Zeit erforderlich, den Widerstand der Ostgoten zu brechen. Erst 553 konnte Italien als unterworfen gelten, nachdem das Vandalenreich in Afrika schon 20 Jahre früher dem Schwerte Belisars erlegen war. So war unter Iustinian noch einmal Italien und Nordafrika dem römischen Reiche unterworfen. Die Apenninenhalbinsel wurde ihm allerdings im Jahr 568 schon zum großen Teil durch die Langobarden wieder entrissen, die von der mittleren Donau her einfielen und in Ober- und Mittelitalien ein Reich gründeten; den Byzantinern blieben nur Unteritalien und einige östliche Teile der Äalbinsel, auch das Gebiet der alten Welthauptstadt, so daß der römische Bischof längere Zeit wieder unter kaiserlicher Herrschaft stand. Die Langobarden waren der letzte der germanischen Stämme, der auf weströmischem Boden sich niederließ. Mit ihrem Auftreten schließt die große Bewegung im Abendlande ab. Von allen Germanenstämmen, die sich von der Äeimat völlig losgelöst hatten, haben neben den Westgoten nur sie auf romanischem Boden ein Staatswesen begründet, dessen Dauer zwei Jahrhunderte überstieg. Doch haben auch diese beiden Völker gegenüber der überlegenen Kultur der Unterworfenen ihre Eigenart nicht behaupten können, zumal seit sie vom Arianismus zum Katholizismus übergetreten waren. Dauernde politische Schöpfungen sind also aus den Wanderungen der ostgermanischen Stämme nicht hervorgegangen. Von der weiten Ausdehnung, die das Germanentum zur Zeit Theoderichs hatte, ist dem Deutschtum nichts geblieben; und was im Westen für den Augenblick gewonnen war, ging im Osten der Elbe an die Slaven verloren, die sich in dem von den Ostgermanen verlassenen Odlande heimisch machten. Wohl aber ist durch den starken Einschlag germanischen Blutes, den die romanischen Völker in sich aufnahmen, die Einheitderabendländischen germanisch-romanischen Welt geschaffen worden, deren Schicksale den Inhalt unserer mittelalterlichen und neueren Geschichte bilden. Die Weltgeschichte, welche sich bisher im Mittelmeergebiet abgespielt hatte, hat ihren Schauplatz nordwärts verschoben. Das römische Reich war den Germanen erlegen; die alten Völker hatten sich ausgelebt und waren einer gesunden Weiterentwicklung nicht fähig. Selbst das Christentum konnte der inneren Zersetzung und dem Absterben der antiken Kultur nicht Einhalt tun; es hat vielmehr diese Entwicklung beschleunigt. Immerhin nahm es in sich auf, was von ihr noch lebensfähig war und überlieferte es den jugendfrischen nordischen Barbaren. So führte die Völkerwanderung die

10. Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden - S. 39

1914 - Frankfurt a. M. : Diesterweg
Iv. Entstehung und Entwicklung des Frankenreiches. 39 als eine Art Privateigentum, das nach Belieben vom Inhaber vererbt und geteilt werden konnte. Doch blieb die Einheit des fränkischen Reiches nach außen hin gewahrt; die Kriege, durch die Chlodwigs Nachfolger die Grenzen des Reiches nach Westen und Osten erweiterten, galten als gemeinsame Unternehmungen. So wurden im südlichen Gallien die Burgunder unterworfen, das Land am Main bis an den Thüringer Wald wurde den Thüringern abgenommen. Dieses neuerworbene Gebiet wurde dicht mit Franken besiedelt; die Maingegenden führen noch heute den Namen Ober-, Mittel- und Ant erkranken (mit Frankenwald, Fränkischem Iura, Fränkischer Saale; ihre Sprache ist die fränkische Mundart). An diese Einwanderung erinnern auch die Ortsnamen auf -heim, wie Forchheim, Ostheim, Wertheim und andere. Seitdem bildet der Kammweg des Thüringer Waldes, der sogenannte Rennsteig (d. i. Rainsteig), die Grenze zwischen Thüringen und Franken. Mit den Kriegen der Söhne Chlodwigs erreichten die fränkischen Eroberungen auf längere Zeit ihren Abschluß. Das Reich erstreckte sich nunmehr von Saale und Lech bis zur Garonne und vom Kanal bis zum Mittelmeer. Es umfaßte also alle westgermanischen Stämme außer den Sachsen und Friesen, so daß den zahlreichen Romanen Galliens gegenüber ein Gegengewicht vorhanden und die germanische Herrschaft gesichert war. Darum war auch die Behauptung dieser Äerrscherstellung leichter als in den andern Reichen, die sich auf dem Boden des römischen Reiches gebildet hatten. Auch bestand zwischen den Franken und den von ihnen unterworfenen Völkern kein Gegensatz der Religion; beide bekannten sich zum Katholizismus. Ferner brauchte der König die Romanen nicht zu Landabtretungen zu zwingen, um seine Krieger zu belohnen; denn es gab überall in Gallien genug herrenlosen Grund und Boden, der einst dem römischen Staate, dem Fiskus, gehört hatte und nunmehr zur Ausstattung fränkischer Mannen dienen konnte. So wurde der scharfe religiöse und nationale Gegensatz, der den Vandalen und Ostgoten so verderblich geworden war, in Gallien vermieden. Bald trat denn auch in diesem Lande eine Verschmelzung von Germanen und Romanen ein, der das französische Volkstum feinen Ursprung verdankt. Der Beherrscher eines so weiten Gebietes mußte freilich über umfangreichere Machtmittel verfügen, als der Äeerkönig in der Zeit der Grenzkämpfe; die Stellung des Königs mußte erheblich verstärkt werden. Schon die Berufung der Volks- und Äeeresverfammlung auf dem „Märzfelde", später dem „Maifelde", die in den germanischen Stämmen gewissermaßen als demokratisches Element neben dem Königtum stand, wurde bei der größeren Ausdehnung des Reiches
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